Mehr als nur Kontakte knüpfen – Meine Definition von Networking

Menschen, die gut vernetzt sind und Social Networking betreiben, können von ihren Kontakten und Beziehungen profitieren. Dafür hat die Netzwerkforschung im Laufe der Jahre zahlreiche Hinweise hervorgebracht. Doch was ist Networking eigentlich? Worauf zielt es ab? Wie ist es definiert? Das schaue ich mir in diesem Blogbeitrag an. Auf der Grundlage verschiedener Definitionen und Begriffsbeschreibungen zeige ich, was Networking heißt und worauf man achten muss, wenn man es lernen will. Die Ergebnisse fasse ich in meiner Definition von Networking zusammen.

Wir sind umgeben von Netzwerken. Es gibt Computernetzwerke, neuronale Netze, Verkehrsnetze Unternehmensnetzwerke, Co-Autorennetzwerke und andere soziale Netzwerke (engl. Social Networks). Um die Erforschung von Netzwerken und ihrer Eigenschaften hat sich ein ganzer Wissenschaftszweig gebildet: Die Netzwerkforschung oder auf Englisch „Network Science“.

Ein großer Teil der Netzwerkforschung beschäftigt sich mit sozialen Beziehungen. Dieser Teil hat im Laufe der Zeit viele interessante Ansätze und Modelle hervorgebracht, die den Einfluss von Beziehungen auf unser Leben, unsere Karriere und unseren Erfolg beschreiben. Vor diesem Hintergrund liegt es daher nahe, dass wir selbst Einfluss auf unsere Beziehungen nehmen und sie gestalten, um davon zu profitieren. Das ist das Ziel des Networkings.

Was man tun kann und wie man das eigene persönliche Netzwerk entwickelt, darüber habe ich hier im Blog schon einmal geschrieben. Daher soll es hier nicht wieder darum gehen. Hier geht es heute darum, was Networking oder auf das Deutsch, das Netzwerken, im Wesentlichen ausmacht.

Neuer Job dank Networking?

Vor einigen Jahren habe ich an einer Netzwerkveranstaltung teilgenommen. Worum es ging, weiß ich gar nicht mehr. Es hatte irgendwas mit Lebensmitteln zu tun. Was ich jedoch noch weiß ist, dass Menschen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft an der Veranstaltung teilgenommen haben.Meine berufliche Laufbahn hat damals eine neue Richtung genommen.

Auf der Veranstaltung traf ich unter anderem einen ehemaligen Arbeitskollegen. Wir hatten uns lange nicht gesehen und kamen gleich ins Gespräch. Während dieses Gespräches habe ich auch wohl erwähnt, dass ich mich nach einer neuen beruflichen Herausforderung umschaue. Und wie es der Zufall wollte, war mein Arbeitskollege gerade auf der Suche nach einem Projektmanager mit meinen Kenntnissen für eine Forschungsprojekt. Keine drei Monate habe ich meinen neuen Arbeitsvertrag unterschrieben. Die Stelle war gleichzeitig mein Wiedereintritt in den Wissenschaftsbetrieb.

Jetzt die Frage: War mein neuer Job damals lediglich Zufall oder das Ergebnis von Networking? Auf diese Frage gehe ich unten nochmal ein. Zunächst noch ein paar Überlegungen zum Netzwerken.

Was sagen die anderen? Beispiele für die Definition von Networking

Wie bereits angedeutet, gibt es eine Vielfalt von Netzwerken und viele Perspektiven (Beispiele: Echokammer und Filterblase oder Twitter Retweets). Daher ist es wenig erstaunlich, dass es auch eine Vielzahl von Social-Networking Definitionen gibt. Fast jede Wissenschaft und jede Disziplin hat ihre eigene Definition entwickelt.

Die Online-Version des Dudens bringt den Begriff sehr knapp auf folgenden Punkt:

„Das Knüpfen und Pflegen von Kontakten, die dem Austausch von Informationen [und dem beruflichen Fortkommen] dienen.“

(Duden, Stand 12.01.2021)

Und auch die Online-Version des Cambridge Dictionary ist knapp. Hier heißt es:

“The activity of meeting people who might be useful to know, especially in your job” (zu Deutsch in etwa: „Die Aktivität, Leute zu treffen, die zu kennen nützlich sein könnte, besonders im Job.“

(Cambridge Dictionary, Stand 12.01.2021)

Die deutsche Wikipedia definiert den Begriff etwas umfassender und definiert das Netzwerken folgendermaßen:

Networking […] bedeutet den Aufbau und die Pflege von persönlichen und beruflichen Kontakten. Ziel ist ein soziales Netzwerk von Personen, die zueinander in Beziehungen stehen und sich privat, vor allem aber beruflich unterstützen, helfen oder kooperieren, ohne dass dabei Leistung und Nutzen für Dritte […] relevant ist. “

(Quelle: Wikipedia, Stand 12.01.2021)

Aber mir fehlt an dieser Definition noch was.

Im Kern der Definition steht das Tun

Die oben genannten Definitionen rücken den Aufbau und die Pflege sehr allgemein in den Mittelpunkt des sozialen Vernetzens. Ich denke hier geht es noch konkreter, wie die nächste Begriffsauslegung zeigt. Sie stammt von Wissenschaftlern der University of Oklahoma, die sie für eine Studie im Bereich der Karriereentwicklung hergeleitet haben.

„Networking ist eine Form von zielgerichteten Verhalten, sowohl innerhalb als auch außerhalb von Organisationen, das darauf ausgerichtet ist, zwischenmenschliche Beziehungen aufzubauen, zu pflegen und zu nutzen.“

(Übersetzung in Anlehnung an Gibson et al., 2014)

Und auch die Definition der Wissenschaftlerinnen Suzanne de Jansz und Monica L. Forret stellt die Art und Weise des Handelns noch mehr in den Vordergrund. Sie betonen den proaktiven Charakter der Beziehungsarbeit und die Gegenseitigkeit der Beziehungen. Sie schreiben:

„Networking repräsentiert die proaktiven Versuche Einzelner, persönliche und berufliche Beziehungen mit anderen zu entwickeln und zu erhalten mit dem Ziel des gegenseitigen Nutzens für ihre Arbeit oder Karriere.“

(Übersetzung in Anlehnung an de Janasz und Forret, 2008)

Und auch in der folgenden Auslegung des Networking-Begriffs von Katja Mierke und Dominic-Nicolas Gansen-Ammann rückt das Handeln bzw. das Verhalten in den Fokus. Sie weisen darauf hin, dass es sowohl geplante als auch strategische Netzwerkarbeit geben kann. Bei ihnen heißt das so:

„Wir verstehen unter Networking strategisch geplante und ungeplante Verhaltensweisen zum Aufbau, zur Aufrechterhaltung sowie zur Nutzung eines (informellen) Unterstützungsnetzwerks im beruflichen Kontext.“

(Mierke, Gansen-Ammann, 2017).

Was mit an dieser Definition noch gefällt? Sie enthält, wie die Wikipedia-Definition oben, den Begriff des Netzwerkes. Der konkrete Bezug auf diesen berücksichtigt meines Erachtens, dass sich positive wie auch negative Effekte nicht nur durch die Beziehungen der Netzwerkmitglieder, sondern auch durch die Struktur des Netzwerkes und die Stellung der Mitglieder darin ergeben können.

Networking nur für den beruflichen Erfolg?

Anhand der hier vorgestellten Beispiele wird klar: Networking im engeren Sinne ist etwas, das überwiegend im beruflichen Kontext stattfindet und der Karriere dienen soll. Diese Fokussierung hängt wohl auch damit zusammen, dass viele Karriere und Management-Coaches das Thema Networking im Angebot haben. Nicht umsonst spricht man auch von Business-Networking.

Ich möchte den Begriff jedoch weiter fassen. Aus mehreren Gründen. Erstens: Unser Leben besteht nicht nur aus Beruf und Karriere. Und zweitens: Kontakte und Beziehungen sind auch in anderen Lebensbereichen wichtig.

Ein weiteres Beispiel aus meinem Leben zeigt das. Als wir, meine Frau und ich, beispielsweise damals mit unserer Tochter in den Norden von Köln gezogen sind, haben wir schnell nach Anschluss gesucht. Dort haben wir uns eine Krabelgruppe gesucht. Der Besuch einer dieser Krabbelgruppe diente nicht nur dem Wohlbefinden unseres Kindes, sondern dort war auch der Ort, an dem Informationen ausgetauscht wurden und an dem wir Freundschaften geschlossen haben. Diese halten zum Teil bis heute noch an.

Ein anderes Beispiel ist der Austausch mit Gleichgesinnten Menschen, beispielsweise wenn es um Hobbys oder (politische) Ehrenämter geht. Auch in diesen Bereichen profitieren Menschen davon, wenn Sie auf Kontakte und Beziehungen zurückgreifen können, die ihnen bei ihren Zielen und Aufgaben helfen können. In diesem Zusammenhang sind viele der Aktivitäten und Verhaltensweisen zum Knüpfen und Entwickeln von Beziehungen mit denen im beruflichen Kontext vergleichbar.

Meine Definition von Networking

Aus den oben aufgeführten Definitionen und Begriffsbeschreibungen ergeben sich folgende Punkte, die ich für wichtig halte:

  • Networking ist Beziehungsarbeit: Im Fokus stehen das Knüpfen von Kontakten sowie die Entwicklung und Pflege von Beziehungen. Dabei gilt: „Geben ist seliger als Nehmen.“
  • Das Ziel des Networkings ist der Aufbau eines Unterstützungsnetzwerk: Dieses soziale Netzwerk besteht aus Kontakten und Beziehungen unterschiedlicher Qualität. Netzwerken erhöht die Chance, davon zu profitieren.
  • Networking kann unbewusst und spontan geschehen: Oft denken wir nicht an Networking, wenn wir uns zwanglos mit Menschen unterhalten. Dieser Ausstausch kann aber schon auf das Beziehungskonto einzahlen.
  • Networking kann strategisch und zielgerichtet sein: Das setzt jedoch eine bewusste Reflexion über geeignete Maßnahmen und geplantes Vorgehen voraus.
  • Ein proaktiver und anhaltender Prozess: Manchmal stellen sich Networking-Effekte und Erfolge direkt und unmittelbar ein, manchmal erst zeitversetzt oder auch eher zufällig. Das Vernetzen sollte daher als ein anhaltender Prozess aufgefasst werden.
  • Networking- Effekte betreffen verschiedene Lebensbereiche: Gerade heute lassen sich berufliche und private Lebensziele und -bereiche nicht klar trennen. Networking-Aktivitäten in einem Lebensbereich können sich auch auf andere auswirken.

Diese sechs Punkten sind die Grundlage meiner Definition von (Social) Networking. In einem Satz zusammengefasst lautet sie:

„Networking umfasst proaktive und zielgerichtete, aber auch ungeplante und spontane Aktivitäten und Verhaltensweisen, die dazu geeignet sind, ein aus zwischenmenschlichen Beziehungen bestehendes Unterstützungsnetzwerk zu knüpfen und zu erhalten, um davon in verschiedenen Lebensbereichen profitieren zu können.“

www.christianhmeyer.de (2021)

War mein neuer Job das Ergebnis von Social Networking?

Jetzt nochmal zur oben gestellten Frage: War mein neuer Job, von dem ich durch meinen ehemaligen Kollegen Erfahren nun das Ergebnis von Networking oder Zufall? Ich würde sagen eine Mischung aus beidem. Denn, wie heißt es so schön: Der Zufall begünstigt den vorbereiteten Geist (Zitat: Louis Pasteur zugeschrieben).

Dass ich zu einer Netzwerkveranstaltung gegangen bin und mich dort u.a. mit Menschen unterhalten habe, die ich lange nicht gesehen habe, das ist der Networking Teil der Geschichte. Dass einer dieser Menschen auf der Suche nach einem neuen Projektmanager war und ich mit meinen Fähigkeiten auf die Stelle gerade passte, das ist der Zufallsteil.

Wie seht ihr das? Wie sehen Sie das? Was ist Zufall? Was ist Networking? Und können Sie mit meiner Definition von Networking was anfangen? Wie ist eure/Ihre Definition? Ich freue mich über einen Kommentar.

Referenzen

Gibson, C., Hardy, J.H. III, Buckley, M.R. (2014). Understanding the role of networking in organizations, in: Career Development International, Vol. 19 No. 2, pp. 146-161

De Janasz, S.C., Forret M. L. (2008). Learning the Art of Networking: A critical Skill for Enhancing Social Capital and Career Success. in: Journal of Management Education, Vol. 32, No. 5, pp 629 – 650

Mierke, K., Gansen-Ammann, D.-N. (2017). Networking-Kompetenz im Job – Psychologisches Kommunikationswissen für Berufseinstieg und Karriere, Springer

2 Gedanken zu „Mehr als nur Kontakte knüpfen – Meine Definition von Networking“

  1. Sehr geehrter Dr, Meyer, auf der Suche nach einer Beschreibung von „innerem Konflikt“ stieß ich auf Ihren Blog und bin begeistert und beeindruckt von der Vielfältigkeit! Ich speichere Ihren Blog unter meinen Favoriten!

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