Es ist nicht zu leugnen: Viele Probleme und Herausforderungen, die in der globalen Nachhaltigkeitsdiskussion ein Thema sind, sind eng verbunden mit menschlichen Verhaltensweisen und nicht-nachhaltigen Systemen. Auch in Deutschland haben wir damit zu tun. Wer morgens auf dem Weg zur Arbeit regelmäßig im Stau steht, weiß, was ich meine. In diesem Zusammenhang spiel Nachhaltigkeitshandeln eine Rolle sowie die Bereitschaft, Veränderungen anzustoßen. Doch was bedeutet eigentlich nachhaltiges Handeln? Und was heißt eigentlich nachhaltig? In diesem Beitrag beschäftige ich mich mit einer Erklärung und werfe dazu einen kurzen Blick auf die Geschichte der Nachhaltigkeit.
„Kohleausstieg“, „Fridays for Future“, „E-Mobilität“: Nachhaltigkeitsthemen begegnen uns in vielen Lebensbereichen. Nachhaltigkeit liegt im Trend. Dabei ist Nachhaltigkeit kein Thema der letzten Jahre. Der Begriff hat schon eine über dreihundertjährige Geschichte. Er stammt aus einer Zeit, als in Deutschland noch verbreitet mit Holz als Energieträger geheizt und gekocht wurde.
Am Beginn der Ressourcenverbrauch
Als Urheber des Nachhaltigkeitsbegriff gilt im Allgemeinen der der sächsische Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz (1645 – 1714). Vor über dreihundert Jahren hat er seine Zeitgenossen auf die damals drohende Abholzung der Wälder hingewiesen. In seinem Werk „Sylvicultura oeconomica“ forderte er, nicht mehr Holz zu schlagen, als nachwächst, so dass eine „nachhaltende“ Nutzung gewährleistet ist. Damit war der Begriff, der sich zunächst einmal auf die Forstwirtschaft bezog, in der Welt.
Um einen nicht-haltigen Umgang mit Ressourcen ging es auch etwa 260 Jahre später am Anfang der 1970er Jahre. Zu der Zeit hat das Team um Donella und Dennis Meadows den damaligen weltweiten Ressourcenverbrauch berechnet und darauf aufbauend Zukunftsszenarien entwickelt. Die Ergebnisse sind in dem Bericht an den Club of Rome unter dem Titel „Limits of Growth“ (deutsch: „Die Grenzen des Wachstums“) zusammengefasst.
Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen schlussfolgerten, dass ein unkontrollierter und stetig wachsender Ressourcenverbrauch innerhalb von hundert Jahren zu einem weltweiten Zusammenbruch führen würde. Das hat damals für großes Aufsehen gesorgt. Aber das Forscherteam äußerte auch die Hoffnung, dass der Zusammenbruch verhindert werden könne. Die Voraussetzung dafür: Ein entsprechendes gemeinsames weltweites Nachhaltigkeitshandeln. In der folgenden Zeit wurde über entsprechende Handlungskonzepte verstärkt nachgedacht. Schritte auf dem Weg von der Theorie in die Praxis wurden eingeleitet.
Nachhaltigkeit global denken und lokal umsetzen
Der UN-Bericht „Our common Future“ (deutsch: „Unsere gemeinsame Zukunft“) erschien 1987. Er ist ein weiterer Meilenstein im Nachhaltigkeitsdiskurs. Der Bericht, der nach der Vorsitzenden der verantwortlichen Kommission, Gro Harlem Brundlandt, auch als Brundlandt-Bericht bezeichnet wird, konkretisiert das Konzept der nachhaltigen Entwicklung und Handlungsansätze, die dazu führen.
In ihm enthalten ist auch die vielzitierte Definition der nachhaltigen Entwicklung. Sie lautet im Original:
„Sustainable development seeks to meet the needs and aspirations of the present without compromising the ability to meet those of the future.“ (zu Deutsch etwa: Nachhaltige Entwicklung versucht, die Bedürfnisse und Ansprüche der Gegenwart zu erfüllen, ohne die Fähigkeit einzuschränken, auch die Bedürfnisse in der Zukunft zu erfüllen.“
Damit verbunden ist die moralische Aufforderung, Verantwortung zu übernehmen du so zu handeln, dass auch künftige Generationen ihre Bedürfnisse decken können. Nachhaltigkeit hat also auch was mit Werten und Normen zu tun.
Den Worten sollten weitere Taten folgen. Bereits fünf Jahre später, 1992 in Rio de Janeiro, fand die Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung statt. Auf dieser Konferenz haben die Teilnehmenden die Bedeutung des nachhaltigen Handelns und insbesondere die Bedeutung des nachhaltigen Handelns vor Ort herausgestellt. Mit der Agenda 21 haben sie damals ein Aktionsprogramm verabschiedet, das als Leitlinie gedacht war, um dringende Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Ganz nach dem Motto: „Global denken, lokal handeln.“, sieht die Agenda 21 unter anderem vor, dass Kommunen gemeinsam mit der Bevölkerung lokale Handlungspläner erarbeiten und umsetzen.
Ökologie, Ökonomie, Gesellschaft – Drei Dimensionen der Nachhaltigkeit
Und wieder ist es ein Bericht, an dem sich der nächste Entwicklungsschritt der Nachhaltigkeitsdiskussion festmachen lässt. Es ist der Abschlussbericht der Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ (PDF, 8 MB) von 1998. Die vom Bundestag eingesetzte Kommission hat darin Ziele und Rahmenbedingungen für eine nachhaltig zukunftsverträgliche Entwicklung vorgestellt. Im Fokus standen dabei die ökologische, die ökonomische und die soziale Dimension der Nachhaltigkeit.
Diese drei Dimensionen, oft auch als das Drei-Säulen-Modell der Nachhaltigkeit bezeichnet, stehen in enger Wechselwirkung zueinander. Sie in Einklang zu bringen, ist eine der der großen Herausforderungen, vor der Politik und Unternehmen stehen, wenn sie nachhaltiges Handeln umsetzen wollen.
Nachhaltigkeitshandeln: Von den Herausforderungen…
Soviel zum geschichtlichen Abriss der Nachhaltigkeitsdiskussion. Die hier vorgestellten Berichte, Reports und Dokumente enthalten viele Beschreibungen von Herausforderungen, Lösungsansätze und Ziele. Und dennoch: Auf dem Weg zu einer „enkelgerechten“ nachhaltigeren Welt sind noch viele Schritte zu gehen. Die Zeit, diese Schritte zu tun, ist eigentlich reif. Aber es hakt noch immer bei der Umsetzung. Wo liegen die Herausforderungen?
Nun: Wie eingangs erwähnt hat nachhaltiges Handeln viel mit Verhaltensweisen und Systemeigenschaften zu tun. Diese zu verändern, ist nicht immer leicht. Zielkonflikte und „Wicked Problems“ sind zu bewältigen. Zudem ist auch bequem, in alten Mustern zu verharren. Und manchmal lösen Veränderungen auch Ängste aus? Und doch sind es gerade die nicht-haltigen Muster, die auf dem Weg in eine nachhaltigere Zukunft verändert werden müssen.
Doch was genau ist zu verändern? Ein Handlungsfeld, das immer wieder genannt wird und das auch viel mit Ressourcenverbrauch zu tun hat, ist die Veränderung von Produktionsweisen und Konsummustern. Leider ist damit häufig auch das Vorurteil verbunden, dass nachhaltiger Konsum immer auch mit Verzicht verbunden ist. Das ist so nicht richtig. Nachhaltiger Konsum hat vielmehr mit einem verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen zu tun. Eine nachhaltige Produktion übrigens auch.
…zu den Lösungen: Nachhaltiger Konsum als Beispiel für Nachhaltigkeitshandeln
Das vierte Kapitel der Agenda 21 befasst sich mit der Veränderung nicht-nachhaltiger Konsumgewohnheiten. Die Politik wird darin unter anderem aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um produktions- sowie konsumbedingte Umweltbelastungen zu verringern. Dafür sollte unter anderem die Konsumforschung gestärkt werden, aber auch die Verbraucherbildung sowie die Entwicklung von Kaufanreizen, die entsprechende Kaufentscheidungen unterstützen sollten. Verantwortungsvolles Einkaufen ist Nachhaltigkeitshandeln.
Die Forderungen gelten noch immer: In Deutschland ist nachhaltiger Konsum bei weitem noch nicht die Regel. Weitere Anstrengungen sind also notwendig. In der Agenda 2030, deren Vorläufer die Agenda 21 ist, taucht das Thema „Nachhaltiger Konsum“ daher auch wieder auf. Das Entwicklungsziel 12 (SDG 12) heißt: „Nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster sicherzustellen.“
Nationales Programm für nachhaltigen Konsum
Inzwischen gibt es zum Thema „Nachhaltiger Konsum“ auch ein nationales Programm, das zur Umsetzung der Agenda 2030 beitragen soll. Das nationale Programm erstreckt sich auf sechs Bedürfnisbereiche. Dieses sind die Bereiche: Mobilität, Ernährung, Haushalt und Wohnen, Büro und Arbeit, Bekleidung sowie Tourismus und Freizeit.
Von diesen Bereichen interessiere ich mich am meisten für den Bereich Ernährung und die damit verbundenen Food Systems. Zu den Zielen des Programms in diesem Bereich heiß es:
„… eine gesunde, tierschutzgerechte, umweltschonende Ernährungsweise, die für alle Konsumentinnen und Konsumenten einfach umsetzbar und finanziell tragbar ist.“
Nachhaltigkeitsziele und Nachhaltigkeitshandeln konkret machen
Und damit sind wir auch wieder bei den Herausforderungen und wichtigen Fragen:
- Wie lassen sich die Ziele der Agenda 21, der Agenda 2030 oder die Ziele des nationalen Programms für nachhaltigen Konsum soweit herunterbrechen, dass sie im Alltag umsetzbar sind?
- Und wie lassen die Ziele sich bestmöglich in Einklang bringen?
- Welche Veränderungen sind notwendig?
- Und wie baut man die Ängste vor Veränderung und andere Hemmnisse ab?
Eins ist sicher: Auf die Fragen gibt es viele Antworten. Aber es lohnt sich, danach zu suchen. Dabei gilt: Nachhaltigkeitshandeln ist weder Aufgabe der Politik allein, noch allein Aufgabe der Wissenschaft oder Unternehmen. Nachhaltigkeit liegt in der Verantwortung von allen, die mit Ressourcen im weitesten Sinne umgehen. Damit ist jede und jeder Einzelne von uns angesprochen.
Wir sollten Nachhaltigkeit als Chance sehen und nicht als Bürde. Die gute Nachricht, man muss nicht sein ganzes Leben umkrempeln, um nachhaltig zu handeln. Nachhaltigkeitshandeln fängt schon im Kleinen an. Die ersten Schritte dahin: Die Verantwortung für sich und andere ernst nehmen und eine Bestandsaufnahme machen, wo beispielsweise der eigene Konsum nachhaltiger sein kann. Die Ernährung ist ein guter Anfang, denn: Wer langfristig über seine Verhältnisse lebt, wird krank. Und das ist nicht nachhaltig!
Welche Schritte sind noch notwendig? Wie sehen Sie das? Wie seht ihr das?